Darum geht es
Eine Prostatakrebserkrankung bedeutet für Patient und Angehörige eine Herausforderung. Gegenseitiges Verständnis und Gespräche können helfen, gemeinsam gute Wege und Lösungen zu finden. Für alle Fragen zum Alltag mit der Erkrankung, inklusive dem Umgang mit Nebenwirkungen wie Impotenz und Harninkontinenz, gibt es spezialisierte Ansprechpartner. Diese können auch bei Problemen in der Partnerschaft begleitend unterstützen.
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Eine Krebserkrankung betrifft auch die Partnerschaft und die Familie
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Auch wenn im Zentrum der medizinischen Maßnahmen der Erkrankte steht, bedeutet eine Krebserkrankung wie Prostatakrebs für alle Beteiligten eine große Aufgabe. Jeder der nahestehenden Menschen wie der*die Partner*in oder die Kinder hat seine eigenen Herausforderungen zu meistern.
Menschen reagieren dabei ganz unterschiedlich auf die verschiedenen Belastungen, die im Laufe der Erkrankung auftauchen können. Der eine ist vielleicht eher reizbar während bei dem anderen bei Überforderung, Sorge oder Angst eher der Beschützerinstinkt geweckt wird. Um sich zu entlasten und einen gemeinsamen guten Weg zu finden, kann es helfen, offen miteinander über das zu sprechen, was einen beschäftigt. Dabei kann man ein tieferes Verständnis füreinander entwickeln.
Helfen ist nicht immer einfach
Die Patientenperspektive:
Vertraute Menschen sind für den Erkrankten eine wichtige Unterstützung. Das bedeutet aber nicht, dass er jede Form von Hilfe und Zuwendung annehmen muss und möchte. Auch Gefühle wie Schuld oder Scham beim Betroffenen sind in so einer Lebenssituation nicht ungewöhnlich und sollten von den Angehörigen respektiert werden. Teilen Sie Ihrer*m Partner*in mit, welche Unterstützung Sie wann möchten und welche nicht. Diese Klarheit hilft beiden Seiten. Trauen Sie sich als Patient aber auch ruhig, Fürsorge und Hilfe anzunehmen.
Die Angehörigenperspektive:
Helfende Angehörige sind häufig überfordert, ohne es zu merken. Sich dauerhaft um einen kranken Menschen zu kümmern und zu sorgen kann dazu führen, dass sie auf vieles verzichten, was ihnen guttäte, wie z. B. Bewegung, Ausflüge oder Kontakt mit Freunden. Für den Erkrankten ist es aber wichtig, dass der*die Partner*in auch auf sich selbst achtet. Nur dann hat sie oder er auch die Kraft, für den anderen da zu sein.
Alle Gespräche als Paar oder in der Familie können Sie unter sich führen oder auch eine Begleitung durch Menschen dazu holen, die sich beruflich auf solche Situationen spezialisiert haben.
Beratungsangebote und Ansprechpartner
Sowohl für den Erkrankten als auch für die Angehörigen ist es völlig in Ordnung, sich Unterstützung zu holen. So gibt es zahlreiche Expert*innen für die Beratung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen wie Krebserkrankungen. Sie helfen auch mit persönlich auf Sie zugeschnittenen Alltagstipps. Ganz egal, welche Fragen Sie haben, ob Ihre Partnerschaft oder Ihren ganz individuellen Umgang mit der Erkrankung oder Ihre Lebensqualität betreffend – dafür sind die Expert*innen da. Auch über Themen wie Impotenz oder Harninkontinenz – zwei Nebenwirkungen, die sehr belastend sein können – können Sie sprechen.
Die meisten Krebsberatungsstellen sind für Angehörige und Erkrankte gleichermaßen offen. Unterstützung erhalten Sie auch in den psychoonkologischen Sprechstunden an Kliniken und onkologischen Schwerpunktpraxen. Bei konkreten Alltagsfragen bieten kommunale oder kirchliche Einrichtungen wie die Caritas oder die Arbeiterwohlfahrt, aber auch der Sozialdienst der Klinik, in der der Patient betreut wird, Unterstützung an. Selbsthilfegruppen eröffnen die Möglichkeit, sich mit anderen auszutauschen, die in der gleichen Situation sind.
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Impotenz und Sexualität
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Selbst bei schonendster Operation und mit neuesten Bestrahlungstechniken lässt sich eine Impotenz (erektile Dysfunktion) nicht immer vermeiden. Für Männer besitzt die Sexualfunktion oft hohe Priorität, für viele Frauen hingegen ist die Behandlung des Prostatakrebses wichtiger.1 Sie wünschen sich, dass ihre Männer bei guter Lebensqualität lange leben. Aber auch ohne (vollständige) Erektionsfähigkeit kann eine sexuell befriedigende Partnerschaft gelebt werden. Wichtig ist, das Thema gemeinsam anzugehen und eventuell auch für Sie und Ihre*n Partner*in passende Hilfsmittel zu verwenden.
Behandlungsmöglichkeiten bei Impotenz
Generell ist Sex nach einer Prostataoperation möglich, da durch die Operation rein körperlich weder die Libido noch die Fähigkeit zum Orgasmus beeinträchtigt werden. Es stehen eine Reihe von Therapieoptionen wie Medikamente, Hilfsmittel oder gezielte Physiotherapie zur Verfügung (Abb. 1).2 Für persönliche Fragen und Sorgen rund um das Thema Prostatakrebs und Sexualität gibt es die sexualtherapeutische Beratung. Dort können Sie für sich und Ihren*r Partner*in passende Maßnahmen besprechen. Je nach Auswahl der Maßnahmen ist es wichtig, mit der*dem behandelnde*n Ärzt*in, zu sprechen, damit es keine Wechselwirkungen mit der Krebstherapie gibt. Auch ist es wichtig, den*die Partner*in in die Auswahl mit einzubeziehen.
Gauruder-Burmester, 2022, Rücker (siehe Quelle 2, Deutsches Ärzteblatt)
Harninkontinenz (unfreiwilliger Urinverlust)
Operation (radikale Prostatektomie) und Bestrahlung führen bei einem Großteil der Männer zunächst zu einer Inkontinenz. Im Laufe der Zeit kann sie sich bessern, aber nicht bei allen Patienten verschwindet sie vollständig. Drei Monate nach der Operation berichtet noch etwa jeder zweite Mann von einer Harninkontinenz. Bis zu 7 von 100 Männern leiden dauerhaft darunter.3,4
Die Inkontinenz kann unterschiedlich schwer ausfallen. Während einige Patienten beispielsweise täglich Einlagen verwenden, erleben andere ein gelegentliches Tröpfeln.5 Die häufigere Ausprägung ist die Belastungsinkontinenz. Dabei geht ungewollt Urin ab, wenn Druck auf den Bauch oder die Blase zunimmt, z. B. beim Niesen, Sport oder Hochheben schwerer Gegenstände. Seltener liegt die Dranginkontinenz vor, bei der starker Harndrang empfunden wird, obwohl die Blase wenig gefüllt ist. Der Urinverlust passiert dann sehr plötzlich und häufig.4
Hilfen bei Harninkontinenz
Um ihre Kontinenz wiederzuerlangen, hilft vielen Patienten ein professionell angeleitetes Beckenbodentraining (auch Kontinenztraining oder Schließmuskeltraining genannt), das in Absprache mit dem behandelnden Arzt möglichst schon vor der Operation begonnen werden soll (Abb. 2).2 Das Training zielt darauf ab, das Schließmuskelsystem der Harnröhre zu stärken. In der Physiotherapie ist unter Anleitung individuelles Beckenbodentraining möglich, bzw. werden auch spezielle Kurse angeboten.
Übung 1: Der Katzenbuckel
- Begeben Sie sich in den Vierfüßlerstand. Die Knie stehen in der Breite des Beckens auseinander und bilden einen rechten Winkel.
- Platzieren Sie Ihre Ellenbogen waagerecht auf den Boden und verteilen Sie Ihr Körpergewicht gleichmäßig.
- Machen Sie beim nächsten langsamen Einatmen ein leichtes Hohlkreuz.
- Beim anschließenden Ausatmen machen Sie einen „Katzenbuckel“. Der Beckenboden spannt sich an.
- Die Anspannung halten Sie mehrere Sekunden an, wobei Sie ruhig weiter atmen.
Übung 2: Das Ziffernblatt
- Setzen Sie sich auf einen Stuhl und schieben Sie Ihre Hände von der Seite unter Ihre beiden Sitzbeinhöcker. Das ist der Teil des Beckens, der beim Sitzen direkt nach unten zeigt.
- Stellen Sie sich vor, Sie würden auf dem Ziffernblatt einer Uhr sitzen. Kippen Sie Ihr Becken abwechselnd in Richtung der 3, 6, 9 und der 12. Auf diese Weise bewegen Sie Ihr Becken zur Seite, nach hinten und nach vorne.
Abb. 2 In Absprache mit dem Arzt mit Beckenbodentraining die Kontinenz stärken.
Weitere unterstützende Maßnahmen sind
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- Elektrostimulation
- Biofeedback-Verfahren
- Medikamente
Bei langanhaltender Inkontinenz besteht die Möglichkeit, sich einen künstlichen Schließmuskel (auch Sphinkter oder Cuff genannt) implantieren zu lassen. Zudem gibt es minimalinvasive Operationsmethoden, bei denen Schlingensystem, Kissen oder Ballons implantiert werden, die die Harnröhre zusammendrücken oder so weit stabilisieren, dass ein unkontrollierter Harnabgang verhindert wird.4 Durch die operative Implantation eines Cuffs erlangen 80−90 % der Betroffenen ihre Kontinenz wieder.2 Sprechen Sie mit Ihrer*m Ärzt*in, was für Sie geeignet ist.
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Quellen:
- Prostatahilfe Deutschland e.V. Erektile Dysfunktion. https://www.prostata-hilfe-deutschland.de/prostata-wissen/erektile-dysfunktion-sex-prostatakrebs. Abgerufen am 07.08.2024.
- Gauruder-Burmester A., Rücker F. Prostatakarzinom: Kontinenz und Sexualität nach operativer Versorgung. Deutsches Ärzteblatt. 2022; 119(20). DOI:10.3238. https://www.aerzteblatt.de/archiv/225160/Prostatakarzinom-Kontinenz-und-Sexualitaet-nach-operativer-Versorgung. Abgerufen am 07.08.2024.
- Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF). Prostatakrebs II – Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Prostatakarzinom. Patientenleitlinie. (Vierte Auflage, 2018). https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/prostatakrebs/. Abgerufen am 07.08.2024.
- Prostatahilfe Deutschland e.V. Inkontinenz. https://www.prostata-hilfe-deutschland.de/prostata-wissen/inkontinenz-prostatakrebs-behandlung. Abgerufen am 07.08.2024.
- Westdeutsches ProstataZentrum. Wie häufig inkontinent nach OP? https://www.westdeutschesprostatazentrum.de/aktuelles/wie-haufig-inkontinent-nach-op. Abgerufen am 15.11.2024.